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Warum werden Messer in der Spülmaschine stumpf?

Messer-Spülmaschine

Messer in der Spülmaschine

Woran liegt es, dass scharfe Messer in der Spülmaschine stumpf werden? Ist die Spülmaschine wirklich so ein Messerkiller?

Eine Spülmaschine ist praktisch und erspart einem das lästige Spülen von Hand. Zudem gefährdet man beim Spülen mit der Maschine auch nicht seine Finger beim Suchen von scharfen Messern im Spülwasser unter der Schaumdecke oder beim abtrocknen. Warum sollte man trotzdem seine Messer lieber per Hand spülen und nicht in der Spülmaschine?

Zuerst gehe ich auf die Korrosionsprozesse im Geschirrspüler ein und anschließend darauf, was die Korrosion mit Schärfe zu tun hat.

Um diese Frage zu klären, müssen wir uns erstmal vor Augen führen, wie das Handspülen und wie eine Spülmaschine eigentlich funktioniert. Die Zahlen, die ich dabei heranziehe sind Zahlen, wie sie sich für meine etwas ältere Spülmaschine und mein Handspülverhalten ergeben. Das kann sich für jeden individuell unterscheiden. Letzte Warnung, im folgenden wird es ein wenig theoretisch, wer das nicht mag, kann bis zum letzten Absatz springen.

Handspülen

Beim Handspülen wird das Messer über kurze Zeit (wenige Sekunden bei Messern mit Holzgriff bis vielleicht 30 Sekunden bei rostträgen Messern mit Kunststoffgriff) in warmes (bei mir ca. 40°C) Wasser (ca. 8 l) mit wenig Handgeschirrspülmittel getaucht und die angelöste Verunreinigung anschließend mit mechanischen Hilfsmitteln wie Schwamm oder Bürste abgerubbelt.

Maschinenspülen

Beim Maschinenspülen wird das Wasser mit dem Maschinenspülmittel (z.B. Tab) und Klarspüler, sowie Salz versetzt und dann über rotierende Arme mit mäßigem Druck in der Spülmaschine herumgespritzt. Dabei gelangt das Wasser möglichst an alles, was sauber werden soll. Der Reinigungsvorgang selbst erfolgt über den längeren Kontakt (bei meiner Maschine ca. 120 bis 140 Minuten für einen Spülgang, ist aber auch eine alte Maschine) der Verunreinigung mit dem agressiven Maschinenspülmittel gelöst in Wasser (Gesamtwasserverbrauch einer modernen Maschine liegt im Schnitt bei 12 l) und über die höheren Temperaturen (meist 55°C bis 65°C, im Extremfall auch schonmal 90°C).

Der Hauptunterschied ist also, dass beim Handspülen das Messer nur kurz mit wenig agressivem, geringer konzentriertem Geschirrspülmittel bei niedrigerer Temperatur in Berührung kommt, beim Maschinenspülen hingegen lange mit agressiverem, höher konzentrierten Geschirrspülmittel, das in Wasser mit Salz zur Enthärtung des Wassers gelöst ist und bei höherer Temperatur in mit dem Messer Berührung kommt.

Chemie, die dahinter steckt

Wenn wir uns jetzt an den Chemieunterricht erinnern, dann ist die chemische Reaktionsgeschwindigkeit unter anderem von folgenden Parametern abhängig:

  • Temperatur
  • Konzentration
  • Durchmischung
  • Katalysator
  • Oberfläche

Temperatur:

Nach der Regel von Arrhenius ergibt sich für eine Temperaturerhöhung um 10°C eine verdoppelte Reaktionsgeschwindigkeit, in unserem Fall haben wir 25°C mehr, das bedeutet über den Daumen:
2^ (25/10) = 5,66 mal so schnelle Reaktion auf Grund der erhöhten Temperatur im Geschirrspüler.

Konzentration:

Die Konzentration ist
16000/705 = 22,7 mal so hoch. Dieser Wert ist eher zu niedrig abgeschätzt, da der eigentliche Spülgang in der Spülmaschine nicht die gesamten 12 l Wasser verbraucht, sondern weniger, da im Anschluss an den Spülgang ja das Geschirr noch mit klarem Wasser abgespült wird.

Dauer:

4800/10 = 480 fache Einwirkzeit

Katalysator:

Die Menge, die die Spülmaschine pro Vorgang an Salz verbraucht kann ich schlecht abschätzen, aber da Salz die Leitfähigkeit des Wasser erhöht, führt dies zu einer beschleunigten Korrosion (am Meer rostet Stahl auch schneller als ohne Salz). Aus dem Grund werden ja Versuche in Salzsprühkammern durchgeführt, um die Korrosionsfestigkeit von „rostfreien“ Stählen zu untersuchen. Da ich aber den Einfluss nicht zahlenmäßig erfassen kann, ignoriere ich ihn.  Dass ich damit die Geschirrspülmaschine bevorteile, behalte ich im Hinterkopf.

Reaktivität:

Die Reaktivität des Spülmittels und Klarspülers der oftmals Zitronensäure enthält und des Salzes zum Enthärten des Wassers, ist nur schwer abzuschätzen, gefühlt denke ich schon, dass das Maschinenspülmittel agressiver ist. Für die Rechnung habe ich der Einfachheit halber ein gleich reaktives Spülmittel angenommen und die Einflüsse von Klarspüler und Salz nicht berücksichtigt (die Wahrheit dürfte daher noch ein wenig extremer sein, als ich es am Ende rausbekomme).

Werden Messer stumpf in der Spülmaschine?

Fasst man obige grobe chemische Abschätzungen zusammen, so ergibt sich, dass das ein einzelner Maschinenspülgang chemisch gesehen, unter Berücksichtigung der von mir getroffenen Vereinfachungen, 5,66 * 22,7 * 480 = 61671 mal so belastend für ein Messer wie ein Handspülgang ohne langes Einweichen. Spüle ich ein Messer also einmal am Tag mit der Geschirrspülmaschine, könnte ich fast 169 Jahre lang das Messer per Hand spülen, bevor es von der Korrosion her soviel Angriff, wie beim einmaligen Spülen per Geschirrspüler gesehen hat. Je nach Temperaturen, Spülmittelmengen und Salzmengen, die Ihr zum Spülen nutzt, und die Ungenauigkeiten über die getroffenen Annahmen können Eure Belastungen beim Spülen für die Stähle natürlich davon abweichen. Deutlich wird aber, dass eine Geschirrspülmaschine einen deutlich agressiveren korrosiven Angriff auf den Stahl vornimmt, als der Handspülvorgang.

Wer beim Handspülen die zweiseitigen Schwämme mit der dunklen rauen und der gelben Schwammseite verwendet und das Messer mit der dunklen Seite des Schwammes spült, kann das Messer auch abstumpfen, da die dunkle Seite des Schwammes in vielen Fällen Schleifgranulat enthält, dass sich auf die Schärfe des Messers negativ auswirkt. Übrigens könnt Ihr mit neuen hochwertigen Schwämmen, wie denen von Scotch 3m mit der dunklen Seite auch Eure Messer mattieren, wenn Euch ein Poliertes Messer einmal nicht so gefällt.

Bisher haben wir nur über Korrosion gesprochen, aber was hat das mit der Schärfe zu tun?

Eine scharfe Schneide ist extrem dünn ausgeschliffen, durchaus im Bereich von 1 bis 3 µm. Das bedeutet aber, dass das Verhältnis von Stahloberfläche zu Materialmenge unterhalb der Oberfläche an der Schneidkante ihr Maximum hat.

Das obige Bild stellt als Ausschnitt den Querschnitt durch eine scharfe Schneide stark vergrößert dar. Der rot markierte Schneidkantenbereich oben hat dieselbe Kontaktfläche zum Spülmittel, die dem korrosiven Angriff ausgesetzt ist, wie der blaue Bereich etwas hinter der Schneidkante auf seiner rechten und linken Seite hat. Aber die Materialmenge, die vorhanden ist, um dem korrosiven Angriff zu widerstehen ist deutlich geringer. Das bedeutet, dass der korrosive Angriff in diesem Bereich auch maximal ist. Die Korrosion verrundet die Schneidkante somit und reduziert damit die Schärfe des Messers.

Dadurch erfährt die rote Fläche eine verhältnismäßig größere Geometrieänderung als die blaue Fläche durch die Korrosion, oder einfacher gesagt, die Schneide wird durch den korrosiven Angriff in der Geschirrspülmaschine an der Schneidkantenspitze abgerundet und damit stumpf.

Zusätzlich zur Korrosion kommen Messer in Besteckkörben, in die sie beim Geschirrspülen gesteckt werden, durch den Kontakt mit dem anderen Besteck an der Schneide zu Schaden. So können kleine Ausbrüche in der Schneidkante entstehen.

Fazit:

Spült Eure scharfen Messer, mit denen Ihr schneiden und nicht bloß schmieren wollt, lieber per Hand als in der Spülmaschine, sie werden es Euch danken.



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